CfP: Sprachbilder und Bildersprache bei Meister Eckhart und in seiner Zeit

Diese Tagung der Meister-Eckhart-Gesellschaft, der Akademie des Bistums Mainz und des
Max-Weber-Kollegs für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien, Erfurt, findet vom 19.–21.4.2013 in Mainz statt.

Mystisches Sprechen ist ein Sprechen über das Unsag- und Undenkbare, ein Seiltanz
an den Grenzen der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit und der intellektuellen Greifbarkeit
des Gesagten. Gerade darin entfaltet es seine Anziehungskraft.
Die Sprache der deutschen Schriften Eckharts, die einerseits durch zahlreiche neuartig
wirkende Lehnübersetzungen aus dem Lateinischen geprägt ist, andererseits durch
eine Häufung von rhetorischen Stilmitteln, insbesondere von Oxymora, Tautologien und Metaphern, hat die germanistische Eckhart-Forschung von jeher fasziniert. Die Undurchdringlichkeit seiner in glasklare Satzkonstruktionen eingebauten Bilder ist
für die Verurteilung der „häretisch klingenden“ Sätze seiner Schriften (v.a. der deutschsprachigen) verantwortlich gemacht werden; ja, letztlich haben ihm seine Sprachbilder in erster Linie den Ruf eines „Mystikers“ eingebracht. Eckhart setzt seine
außerordentliche Bildersprache als ein Mittel dafür ein, um der Contradictio in adiecto des Sprechens vom Unsagbaren zu begegnen und zugleich auch, um die scharfe Begrifflichkeit und die spekulative Kraft seines Denkens in die Fassungskraft seiner Zuhörer und Zuhörerinnen sowie die Aussagemöglichkeiten der Volkssprache zu übersetzen. So spricht er vom Siegeldruck des Wachses, vom Echo als Widerhall einer Stimme, die man nicht hört, von der Gleichheit und Ungleichheit der Grashalme, vom Prozess des Sehens, der Holz und Auge zusammenschließt, von Bildern, die sich wechselseitig spiegeln, aber
nicht fixiert sind. Sein Programm ist, wie es später Heinrich Seuse ausdrücklich sagen wird, „Bilder mit Bildern auszutreiben“ und damit nicht zuletzt die Aussagekraft von Zeichen und Bildern angesichts des Göttlichen zu hinterfragen.

Was in der Forschung bislang noch zu wenig beachtet worden ist, sind die reichen Traditionskontexte, in denen Eckharts Bildersprache steht. Diese sind keineswegs nur deutschsprachige. Erwähnt werden könnte hier die sprachliche Seite der negativen
Theologie des Pseudo-Dionysius Areopagita; zu denken ist aber auch an die poetisch überformten Theologien einer Marguerite Porète oder einer Mechthild von Magdeburg.
Gegenstand der Tagung werden auch folgende Fragen sein: inwiefern Eckharts Bildersprache sich auch in seinen lateinischen Werken findet; inwiefern sie Eckharts begrifflich ausgearbeitete Sprache ergänzt oder überschreitet, inwiefern sie durch
literarische Entwicklungen des 13./14. Jahrhunderts in Deutschland und Frankreich beeinflusst ist oder etwa mit aktuellen Strömungen in der Musik, der bildenden Kunst und Kunsttheorie in Wechselwirkung steht. Bei Mystikerinnen geht man in der Regel recht schnell von Einflüssen der höfischen Literatur und Kultur auf das mystische Sprechen aus; kann man das bei einem Universitätsgelehrten ebenso tun?

Wir möchten Wissenschaftler verschiedener Disziplinen einladen, Ihre Forschungsergebnisse zum Sprachstil der deutschen und lateinischen Schriften Eckharts im intertextuellen, intermedialen oder diachron vergleichenden Kontext oder auch zur Bildersprache von Eckharts Zeitgenoss(inn)en zu präsentieren, in deutscher, ggf. auch in englischer Sprache. Bitte senden Sie Ihre Themenvorschläge zusammen mit einem Abstract (max. 400 Wörter) für einen 30-minütigen Vortrag bis zum 15.11.2012
an:

Prof. Dr. Cora Dietl
Justus-Liebig-Universität Gießen
Institut für Germanistik
Otto-Behaghel-Straße 10B
35394 Gießen
E-Mail: cora.dietl@germanistik.uni-giessen.de

Die Reise- und Aufenthaltskosten für die Referenten werden übernommen. Die Beiträge werden im Anschluss an die Konferenz im Jahrbuch der Meister-Eckhart-Gesellschaft veröffentlicht.